In einem offenem Brief haben wir unseren Bundestagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden der CDU im Kreis Coesfeld Marc Henrichmann unsere Vorstellungen für die Kreisvorsitzendenkonferenz mit auf den Weg gegeben.

Lieber Marc,
in diesem Schreiben möchten wir Dir die Positionen zur Neuaufstellung der CDU mit auf den Weg geben,
die wir im JU Kreisverband zusammengetragen haben. Zudem freuen wir uns sehr, dass Du Dir
die Zeit nimmst, die Stimmung an der Basis in Form einer Videokonferenz einzufangen. Da dort nicht
alles angesprochen werden kann, haben wir dies noch einmal verschriftlicht.

Auch wir unterstützen die Forderung, dass die vorderste Reihe der CDU jünger und gerne auch weiblicher
werden sollte. Ziel muss es sein, die Parteistruktur auch in Vorständen und Fraktionen angemessen
abzubilden. Dass beispielsweise in der Bundestagsfraktion mit gerade mal drei Abgeordneten unter
30 die Altersstruktur der Partei nicht realistisch repräsentiert wird, ist daher nicht unproblematisch.
Gleichwohl erkennen wir an, dass es einer gewissen Ämterlaufbahn bedarf, um in Posten auf Bundesebene
zu kommen und auch ein Mindestmaß an Erfahrung unerlässlich ist. Radikale Maßnahmen wie
starre Quoten lehnen wir daher ab, es sollte stets die persönliche Eignung im Vordergrund stehen. Wir
fordern aber, dass man aussichtsreichen jungen Leuten gezielter Chancen gibt, sich zu bewähren. Eine
Maßnahme könnte es hier sein, vordere Listenplätze künftig bewusst mit jüngeren Einsteigern zu besetzen,
statt diese hauptsächlich an Etablierte zu vergeben. Wir haben das Gefühl, dafür momentan
ein relativ offenes Ohr vorzufinden, was uns sehr freut.

Von Experimenten mit einer sogenannten Doppelspitze raten wir hingegen dringend ab. Sie würde die
Findung eines Kanzlerkandidaten künftig nur noch weiter erschweren, wenn die CDU und möglicherweise
auch noch die CSU jeweils zwei Vorsitzende haben, die für sich beanspruchen könnten, ein Vorrecht
auf die Kandidatur zu haben. Generell kann dieses Konstrukt nur funktionieren, wenn die dahinterstehenden
Personen sich ohnehin einig sind. Unterschiedliche Parteiflügel darüber abzubilden
würde höchst schwierig werden. Die für uns so schädlichen Personaldiskussionen würden damit eher
zu‐ als abnehmen. Ideal wäre ein einziger Konsenskandidat, der auch von denen mitgetragen werden
kann, die ihn nicht proaktiv unterstützt haben.

Überhaupt haben wir den Eindruck, dass eine sogenannte Doppelspitze eher dem Selbstzweck dienen
soll, diese paritätisch zu besetzen und diese Forderung nun aufkommt, weil es an aussichtsreichen
Kandidatinnen mangelt. Dies stellt das eigentliche Problem dar, das dadurch aber nicht gelöst würde.

Nach 20 Jahren mit Frauen an der Parteispitze, 16 Jahren mit einer Bundeskanzlerin, einer EU‐Kommissionspräsidentin aus den Reihen unserer Partei und in Anbetracht der hervorragenden Wahlergebnisse von Frauen auf sämtlichen Parteitagen können wir uns eine mangelnde Berücksichtigung definitiv nicht vorwerfen lassen. Viel dringender sollten wir die zweifellos vorhandenen Ursachen angehen, die gut geeignete Frauen oftmals davon abhalten, für entsprechende Ämter zu kandidieren.
Für das Amt des Bundesvorsitzenden ist unserer Meinung nach eine Mitgliederbefragung, zumindest
dieses eine Mal, unerlässlich. Dabei geht es uns nicht darum, die Legitimität des CDU‐Parteitages als
Entscheidungsgremium in irgendeiner Weise in Frage zu stellen. Wir haben aber den Eindruck, dass
viele an der Basis genau dies zunehmend tun. Viele haben das Gefühl (ob es zutreffend ist, sei an dieser
Stelle dahingestellt, aber es ist definitiv vorhanden), dass in den letzten drei Jahren gleich drei Mal ein
Kandidat gegen den klar erkennbaren Willen der Basis von oben durchgedrückt wurde. Namentlich
handelt es sich dabei um die Parteitage im Dezember 2018 und im Januar 2021 sowie die Frage der
Kanzlerkandidatur. Auch die überragende Zustimmung zum letzten Koalitionsvertrag hat wahrscheinlich
nicht die Stimmung der Gesamtpartei widergespiegelt.
Viele Mitglieder sind frustriert, dass sie kaum Möglichkeiten zur Einflussnahme sehen. Es handle sich
demnach bei der CDU um eine Vereinigung von Berufspolitikern für Berufspolitiker. Auch wir sehen es
problematisch, dass auf dem CDU‐Parteitag unter 1000 Delegierten wahrscheinlich nicht mal 100 sitzen,
die dies nicht als Dienstreise im Kalender stehen haben. Mandatsträger entscheiden tendenziell
anders und berücksichtigen bei ihrer Stimmabgabe andere Aspekte als solche mit rein ehrenamtlichen
Funktionen. Dies sehen wir auch nicht als illegitim an, trotzdem müssen Wege gefunden werden, den
Willen der Basis stärker umzusetzen.

Hinzu kommt, dass die Erwartungen nach einer Mitgliederbefragung schon jetzt gewaltig sind. So haben
diverse Landesverbände und Vereinigungen auf ihren Parteitagen bereits entsprechende Anträge
beschlossen. Die Erwartungen zu enttäuschen würde den Eindruck erheblich verstärken, dass der Wille
der Basis systematisch übergangen werde. Um die dringend benötigte Geschlossenheit wiederherzustellen,
benötigen wir jedoch ein klar erkennbares Votum der gesamten Partei, damit der künftige Vorsitzende
nicht erneut von einigen als illegitim angesehen werden könnte.
Wir unterstützen daher die Initiative einer Mitgliederbefragung, deren Ergebnis der CDU‐Parteitag umsetzen soll. Die unterlegenen Kandidaten sollen dabei erklären, nicht offiziell auf dem Parteitag zu kandidieren.

Aufsehenerregende Diskussionen auf zahlenlosen Regionalkonferenzen, wie wir sie beim politischen
Mitbewerber erlebt haben, sind dazu nicht erforderlich. Eine solche Befragung sollte im digitalen
Zeitalter zügig durchgeführt werden können und die aussichtsreichen Kandidaten sind allen Mitgliedern
hinreichend bekannt.
All diese Ausführungen möchten wir ausdrücklich als konstruktive Kritik verstanden wissen. Halte uns
gerne auf dem Laufenden, welche dieser Punkte Du im Rahmen der Kreisvorsitzendenkonferenz ansprechen

konntest. Wir danken Dir nochmal für Dein offenes Ohr und vertrauen weiterhin auf den
gewohnt engen Austausch.

Viele Grüße
Deine Junge Union im Kreis Coesfeld

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